VGH München, Beschluss vom 19.04.2023 – 2 ZB 22.1730

 

Der Fall:

Die Klage richtet sich gegen die Baugenehmigung eines Vorhabens auf dem Nachbargrundstück, das zwar die Abstandsflächen einhält, aber zu einer nicht unerheblichen Verschattung des klägerischen Anwesens und insbesondere der Photovoltaikanlage auf dem Dach des klägerischen Wohnhauses führt. Der Kläger macht einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot geltend. Das Verwaltungsgericht weist die Klage ab.

Die Entscheidung:

Zu Recht, wie der VGH bestätigt! In den Gründen wird hierzu ausgeführt:

Das Gebot der Rücksichtnahme gibt Grundstückseigentümern nicht das Recht, von jeglicher Schattenwirkung eines Gebäudes auf einem benachbarten Grundstück verschont zu bleiben.

Gerade in dichtbebauten innerstädtischen Bereichen sind Beeinträchtigungen durch Schattenwurf grundsätzlich hinzunehmen. Dies gilt selbst dann, wenn Verschattungen zu finanziellen Einbußen hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen führen.

Praxishinweis:

Wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden, scheidet eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme im Hinblick auf die Belichtung, Belüftung und Besonnung in aller Regel von vornherein aus. Hier müssen besondere Umstände hinzukommen, die zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung nachbarlicher Belange führen.

Solche Umstände sieht das Gericht richtigerweise nicht in der Tatsache, dass die Photovoltaikanlage des Klägers teilweise verschattet wird: Angesichts der hier in Rede stehenden beschränkten Dauer wäre nach Auffassung des VGH sogar eine vollständige Verschattung hinzunehmen.

Im Ergebnis bestätigt der VGH seine Rechtsprechung, wonach sich ein Grundstückseigentümer – gerade auch bei der Installation einer Photovoltaikanlage – nie darauf verlassen darf, dass sein Nachbar sein eigenes Grundstück nicht unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und insbesondere der Abstandsflächenvorschriften baulich ausreizt. Dies gilt auch im Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorgaben, in Bayern also konkret der Verkürzung der Abstandsflächen von 1,0 H auf 0,4 H.

 


Rechtsanwältin Kathrin Schilling

Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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