Ein Verbraucher kann den in seiner Wohnung geschlossenen Werkvertrag ohne Begründung widerrufen und anschließend die Abschlagszahlungen zurückfordern.

(OLG München, Beschluss vom 24.03.2021 – 28 U 7186/20 Bau)

Der Fall:

Ein Verbraucher beauftragt ein Bauunternehmen mit dem Ausbau einer alten und dem Einbau einer neuen Treppe. Der Vertragsschluss geht zwar vom Verbraucher aus, kommt aber nach durchgeführtem Aufmaß erst in der Wohnung des Verbrauchers zustande. Dieser Bauvertrag wird vom Verbraucher nach Durchführung der Arbeiten durch den Bauunternehmer widerrufen. Der Verbraucher verlangt Rückzahlung der bereits geleisteten Abschlagszahlungen.

Die Entscheidung:

Zu Recht!
Der AG (=Verbraucher) kann die bis dahin geleisteten Abschlagszahlungen gemäß § 355 Abs. 3 S.1 BGB zurückfordern. Bei dem Werkvertrag, der in der Wohnung des AG geschlossen wird handelt es sich um einen Vertrag der außerhalb von Geschäftsräumen des Bauunternehmers geschlossen wird (§ 312b BGB). Bei solchen Verträgen steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu (§ 312 g BGB).
Die Argumentation des Bauunternehmers, dass Schutzzweck des § 312b BGB der „Überrumpelungsschutz“ sei verfängt nicht. Vielmehr ist der Verbraucherschutz ganz bewusst ausgeweitet worden. Von diesen zwingenden verbraucherschützenden Normen darf auch nicht abgewichen werden.

Praxishinweis:

Auch wenn das Ergebnis der Entscheidung für den Bauunternehmer schwer zu verdauen ist, entspricht es dennoch klar dem Gesetzeswortlaut.
Aktuell mehren sich die Entscheidungen, bei denen die Verbraucher nicht ausreichend auf das ihnen zustehende Widerrufsrecht hingewiesen worden sind und den Vertrag nach erbrachter Leistung widerrufen und obendrein auch die gezahlten Abschlagszahlungen zurückverlangen. Problematisch ist dies insbesondere deshalb, da gemäß § 356 Abs. 3 BGB die 14 tägige Widerrufsfrist nicht vor einer ordnungsgemäßen Belehrung des Verbrauchers zu laufen beginnt. Bauunternehmer sollten daher bei jedem Vertrag mit einem Verbraucher zwingend auf das ihm zustehende Widerrufsrecht hinweisen!
Zwar endet die Widerrufsfrist auch ohne Belehrung spätestens 12 Monate und vierzehn Tage nach dem Vertragsschluss (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB). Allerdings ist es dann in vielen Fällen bereits zu spät.

 


Rechtsanwalt Patrick Schmitz

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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