Die Frühjahrsumfrage 2023 des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) hat ergeben, dass die Bauunternehmen eine schwache Nachfrage nach Bauleistungen erwarten. Auftragsbestände sind deutlich gesunken. Die Mehrheit der befragten Unternehmen erwartet rückläufige Umsätze. Vermehrt berichten Mandanten über Zahlungsschwierigkeiten ihrer Bauherren. Was tun, wenn keine vertraglich vereinbarten Sicherheiten vorliegen, die Werklohnansprüche absichern? Das OLG Frankfurt bestätigt den Anspruch des Unternehmers auf Sicherung seines Vergütungsanspruchs trotz Kündigung des Bauvertrages durch den Besteller.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.03.2023, 29 U 115/22

 

Der Fall

Ein Unternehmer wird damit beauftragt, ein Haus zu sanieren. Nach teilweiser Ausführung der Arbeiten kündigt der Bauherr den Vertrag. Der Unternehmer rechnet seine bereits erbrachten Leistungen mit einer Schlussrechnung ab. Der Bauherr weigert sich, Zahlung zu leisten und rechnet mit Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Werklohn auf. Der Unternehmer verlangt hierauf Sicherheit nach § 648 a BGB a. F. (§ 650 f BGB = aktuelle Fassung) für den in der Schlussrechnung abgerechneten Werklohn.

Das Gericht bestätigt den Anspruch auf Sicherheit. Dabei ist es ohne Belang, ob der zwischen den Vertragsparteien geschlossene Bauvertrag durch den Bauherrn berechtigterweise außerordentlich gekündigt worden ist. Für die Sicherheit muss der Vergütungsanspruch lediglich schlüssig dargelegt werden. Hierfür genügt in der Regel die Darlegung in Form der gestellten Schlussrechnung. Trotz möglicherweise berechtigter Mängeleinwendungen bleiben diese im Prozess um ein Sicherungsverlangen nach § 650 f Abs. 1 BGB außer Betracht.

 

Praxishinweis

Gerade in Zeiten einer schwierigen Wirtschaftslage ist die Sicherung des Werklohnanspruchs vor einem Forderungsausfall von zentraler Bedeutung. In Ergänzung vertraglich vereinbarter Zahlungssicherheiten oder mangels entsprechender vertraglicher Vereinbarung kommt den gesetzlichen Ansprüchen auf Sicherheit eine besondere Bedeutung zu. Ist der Besteller zugleich Grundstückseigentümer des bebauten Grundstücks und wurden bereits Bauarbeiten erbracht, hat der Unternehmer gemäß § 650 e BGB einen Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek auf dem Baugrundstück für seine Forderungen aus dem Vertag. Mittels einstweiliger Verfügung kann schnell bei Gericht die Eintragung einer Vormerkung für eine solche Sicherungshypothek erlangt werden. Diese kann auch bei bereits im Grundbuch eingetragenen Belastungen sinnvoll sein. Möchte der Besteller nach Eintragung der Vormerkung oder der Hypothek das Grundstück veräußern, muss er dies in der Regel lastenfrei tun und entweder durch Zahlung der Werklohnforderung eine Löschung der Vormerkung/Hypothek erwirken oder sich mit dem Unternehmer im Hinblick auf die Werklohnforderung einigen. Selbst im Falle eines späteren Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bestellers bietet die Vormerkung/Sicherungshypothek bei rechtzeitiger Eintragung zumindest die Möglichkeit, sich mit dem Insolvenzverwalter über eine Abstandszahlung zu einigen. Auch wenn dem Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek gemäß § 650 e BGB oft eine geringe wirtschaftliche Bedeutung zugesprochen wird, zeigt unsere Erfahrung, dass es sich lohnen kann, die Anwendung dieses Sicherungsmittels zu prüfen.

Bei auftretenden Zahlungsschwierigkeiten des Bestellers raten wir auch dringend, den Anspruch des Unternehmers auf Sicherheit gemäß § 650 f BGB im Auge zu behalten. Im Anwendungsbereich dieser Vorschrift besteht sowohl die Möglichkeit, Sicherheit für bereits geleistete Arbeit zu verlangen als auch das Vorleistungsrisiko des Unternehmers für zukünftig fälligen Werklohn abzusichern. Dabei verlangt § 650 f BGB nicht, dass der Besteller auch Eigentümer des Baugrundstücks ist. Es besteht ein einklagbarer Anspruch auf Stellung der Sicherheit. Lediglich gegenüber öffentlichen Auftraggebern (über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist) und beim Vorliegen eines Verbraucherbauvertrags (§ 650 i BGB = Bau eines neuen Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem Bestandsgebäude aus einer Hand/ keine Einzelgewerkevergabe) besteht kein Anspruch auf Sicherheit nach § 650 f BGB.

Ansprüche, mit denen der Besteller gegen den Werklohnanspruch aufrechnen kann, bleiben dabei unberücksichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Hat ein Gericht den Sicherungsanspruch des Unternehmers durch Urteil bestätigt, kann der Besteller im Rahmen der Zwangsvollstreckung zur Hinterlegung des gesicherten Werklohns gezwungen werden. Spätestens dann stellt sich heraus, ob der Besteller zahlungsfähig ist. Aufgrund der beschränkten Einwendungsmöglichkeiten des Bestellers bietet ein solches Gerichtsverfahren gegenüber einem möglicherweise langwierigen Werklohnprozess eine beschleunigte Klärung.

 


Rechtsanwalt Volker Lubojanski

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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