Sowohl Architekten als auch Ingenieure müssen im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung wirtschaftlich-finanzielle Gesichtspunkte ihrer Auftraggeber berücksichtigen und darauf achten, dass kein übermäßiger, nicht erforderlicher Aufwand betrieben wird.
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.03.2023, Az. 12 U 312/20
Der Fall:
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft benötigt eine neue Heizungsanlage. Die ursprünglich für mehrere Gebäude eingesetzte Anlage verfügte über zwei parallel geschaltete Öl-Gebläsekessel. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten den Ingenieur mit einer Bestandsaufnahme und der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen für eine neue Heizungsanlage. Der Ingenieur empfiehlt der Wohnungseigentümergemeinschaft die Installation einer Kesselanlage mit einem Blockheizkraftwerk mit Gasbefeuerung. Als erhöhte Legionellenwerte im Leitungssystem auftraten und die alte Heizungsanlage komplett ausfiel, empfiehlt der Ingenieur in einer Eigentümerversammlung den Einbau eines Blockheizkraftwerks mit dem Hinweis darauf, dass der erzeugte Strom zur Erwärmung des Brauchwassers verwendet werden könne. In der Folge wurde ein Unternehmen beauftragt, dies zu realisieren. Dies ist mit Kosten von ca. 250.000,00 € verbunden. Erst später erfuhr die Wohnungseigentümergemeinschaft, dass das Blockheizkraftwerk nicht, wie angenommen, für die Stromerzeugung zur Erwärmung des Brauchwassers benötigt wird. Für eine Nutzung des durch das Blockheizkraftwerk erzeugten Stromes wären weitere Investitionen notwendig gewesen. Das Blockheizkraftwerk wurde nie in Betrieb genommen. Es stellt sich heraus, dass der Einbau von zwei Gasbrennwertkessel mit einem Aufwand von 130.000,00 € ausreichend gewesen wäre. Die Wohnungseigentümergemeinschaft nimmt den Ingenieur auf Schadensersatz wegen der Planung für eine überteuerte technische Lösung in Anspruch.
Die Entscheidung:
Der Ingenieur wird zur Leistung von Schadensersatz verurteilt. Es liegt ein Werkvertrag vor, in dem der Ingenieur als Erfolg einen umsetzbaren, brauchbaren und gesetzeskonformen Lösungsvorschlag unterbreiten sollte. Dazu gehört, dass die vom Auftraggeber benötigte Lösung nicht zu einem übermäßigen, nicht erforderlichen Aufwand führt. Es gehört zur vertraglichen Verpflichtung des Planers, die wirtschaftlichen Erwartungen und Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen. Die Leistung des Ingenieurs entsprach nicht dieser Verpflichtung. Aus diesem Grund ist er der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Schadensersatz verpflichtet.
Praxishinweis:
Der Planer muss nicht alle Optionen nutzen, um die Kosten für den Bauherrn so niedrig wie möglich zu halten. Es besteht aber eine Verpflichtung des Architekten/Ingenieurs, zum einen wirtschaftliche Vorgaben des Bauherrn einzuhalten und zum anderen den wirtschaftlichen Interessen des Bauherrn insoweit zu entsprechen, dass kein unnötiger Aufwand entsteht. Bauherr und Architekt/Ingenieur sind deshalb gut beraten, wenn sie sich rechtzeitig über Art, Umfang und Kosten der zu planenden Leistungen abstimmen.
Rechtsanwalt Uwe Luz
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