Gravierende Folgen können entstehen, wenn sich eine Unternehmer-Schlussrechnung trotz Zurückweisung als nicht prüfbar, später im Prozess als prüfbar erweist.

 

Sachverhalt

Ein Unternehmer stellte im Jahr 2016 eine Schlussrechnung für die von ihm erbrachten Leistungen. Mit der Schlussrechnung rechnete er Nachtragsleistungen ab, ohne detaillierte Nachtragskalkulationen beizufügen. Der vom Bauherrn beauftragte Architekt wies die Rechnung als nicht prüfbar zurück.

Der Unternehmer stellte daraufhin im Jahr 2017 seine Schlussrechnung neu auf und fügte verschiedene Preisermittlungsunterlagen bei. In den folgenden Jahren erfolgte keine Zahlung seitens des Bauherrn. Im Jahr 2020 erhob der Unternehmer daraufhin Klage.

Der Bauherr berief sich im Prozess auf die Einrede der Verjährung. Er vertrat die Auffassung, dass für den Beginn der Verjährungsfrist die ursprüngliche Rechnung aus dem Jahr 2016 maßgeblich sei. Die Zurückweisung der Rechnung als nicht prüfbar durch den Architekten sei unbeachtlich, weil diese Einschätzung des Architekten objektiv falsch gewesen sei. Der Bauherr vertrat im Prozess nun die Auffassung, dass die Rechnung sehr wohl prüfbar gewesen wäre und deshalb die Fälligkeitswirkungen herbeigeführt hätte.

 

Das Urteil

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Beschluss vom 13.03.2023, Az: 21 U 52/22 dem Bauherrn Recht gegeben. Die Schlussrechnung sei nämlich objektiv prüfbar gewesen. Sie habe die nach dem Vertrag notwendigen und unverzichtbaren Angaben enthalten. Zumindest bei der Prüfung durch ein Architektur- oder Ingenieurbüro sei die Vorlage von Nachtragskalkulationen für die objektive Prüfbarkeit nicht erforderlich. Für die Beurteilung, ob Verjährung eingetreten ist oder nicht, kommt es nach der Auffassung des OLG Frankfurt ausschließlich darauf an, ob die Schlussrechnung objektiv prüfbar war. Die Einschätzung des Architekten sei hingegen unbeachtlich.

Nach der Auffassung des OLG Frankfurt verstößt der Bauherr auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn er einerseits zunächst die Schlussrechnung als nicht prüfbar zurückweisen lässt und sich dann andererseits im Prozess auf das Gegenteil beruft. Ein widersprüchliches Verhalten ist nach der Auffassung des OLG Frankfurt grundsätzlich zulässig.

 

Praxishinweis

Grundsätzlich gilt: Offene Rechnungen sollten nicht jahrelang liegen bleiben. Für die unternehmensinterne Kontrolle von Verjährungsfristen sollte immer auf den Zeitpunkt der Fertigstellung der Bauarbeiten und in jedem Fall bei mehreren Versionen von Schlussrechnungen auf die zeitlich früheste Rechnung abgestellt werden. Zu beachten ist insbesondere auch, dass bei BGB-Bauverträgen jedenfalls die Verjährung mit der Abnahme der Leistungen beginnt und nicht erst mit der Rechnungstellung.

 


Rechtsanwalt Dr. Matthias Götte

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