Bauaufsichtsbehörden können Maßnahmen treffen, um die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu gewährleisten.

Besonders beim Thema Brandschutz kennen die Bauaufsichtsbehörden keine Nachsicht. Liegt ein Verstoß gegen brandschutzrechtliche Bestimmungen vor, nimmt die Bauaufsichtsbehörde eine Beurteilung vor, ob und wie wahrscheinlich sich die Gefahr eines Brandes darstellt. An diese Beurteilung sind keine hohen Anforderungen gestellt, denn Brände stellen immer eine erhebliche Gefährdung für das Leben und die Gesundheit von Menschen dar. Zudem muss jederzeit mit einem Brandereignis gerechnet werden.

Im Gefahrenabwehrrecht gilt grundsätzlich das Gebot der „Effektivität der Gefahrenabwehr“. Daraus folgt, dass derjenige, der die Gefahr mit Sicherheit am schnellsten feststellen und beseitigen kann, von der Behörde auch dazu verpflichtet werden kann.

Adressat von behördlichen Maßnahmen zur Beseitigung brandschutzrechtlicher Mängel sind demnach in aller Regel Bauherren, Eigentümer oder Inhaber von Bau- und Nutzungsgenehmigungen und sonstige für den Brandschutz Verantwortliche. Ein aktueller Beschluss des OVG Saarlouis (2. Senat) vom 15.06.2023 – 2 B 37/23 verdeutlicht dies.

Der Fall:

Die Eigentümerin eines Büro- und Dienstleistungsgebäudes wird infolge einer durchgeführten Gefahrenverhütungsschau von der Gemeinde aufgefordert, Mängel der häuslichen Brandmeldeanlage zu beseitigen.

Diese sieht sich für die Beseitigung des brandschutzrechtlichen Mangels nicht in der Pflicht. Daraufhin erlässt die untere Bauaufsichtsbehörde unter Anordnung des Sofortvollzugs einen Bescheid, in dem die Eigentümerin förmlich zur Behebung der brandschutzrechtlichen Mängel aufgefordert wird. Die Eigentümerin legt gegen den Bescheid der Gemeinde Widerspruch ein und beantragt Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht lehnt den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Die Eigentümerin als Antragstellerin legt gegen den ablehnenden Beschluss Beschwerde ein.

Die Entscheidung:

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes weist die Beschwerde zurück und nimmt die Entscheidung zum Anlass, rechtliche Möglichkeiten von Bauaufsichtsbehörden im brandschutzrechtlichen Kontext zu erörtern.

Das OVG sieht in mehreren bauordnungsrechtlichen Vorschriften („Brandschutz“, „allgemeine Anforderungen an bauliche Anlagen“, „Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden“) taugliche Rechtsgrundlagen, aufgrund derer ein rechtmäßiger Bescheid gegen die Eigentümerin des Büro- und Dienstleistungsgebäudes ergehen durfte, um sie im Hinblick auf einen effektiven Brandschutz zu verpflichten.

Grund für den erlassenen Bescheid war eine defekte Brandmeldeanlage in den vermieteten Büro- und Dienstleistungsräumlichkeiten der Eigentümerin.

Die Bauaufsichtsbehörde nahm im Hinblick auf die Gefahrenabwehr eine Beurteilung vor, ob und wie wahrscheinlich der Ausbruch eines Brandes war. Hieran waren aufgrund der Einzelfallumstände keine hohen Anforderungen gestellt. Ein Brand stellt regelmäßig ein unvermittelt auftretendes Ereignis dar, mit dem jederzeit gerechnet werden muss. Zudem besteht bei einem Brand immer die Gefahr der Beeinträchtigung von Rechtsgütern wie Leben und Gesundheit. Insbesondere die Vermietung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten zum Zwecke der Nutzung als Büro- und Dienstleistungsräumlichkeiten erforderten das Vorhandensein einer validen Brandmeldeanlage. Zudem wurde die der Eigentümerin erteilte Nutzungsgenehmigung unter Auflage eines speziellen Brandschutzkonzeptes erteilt, das eine Brandmeldeanlage vorsah.

Die Bauaufsichtsbehörde erließ deshalb einen Bescheid, der die Eigentümerin verpflichtete, die brandschutzrechtlichen Menge der defekten Brandmeldeanlage zu beseitigen. Bei der Auswahl des Verantwortlichen („Störerauswahl“) traf die Bauaufsichtsbehörde eine Pflicht zur ordnungsgemäßen Ermessensausübung. Im Hinblick auf das Gebot der „Effektivität der Gefahrenabwehr“ nahm die Bauaufsichtsbehörde im vorliegenden Fall die Eigentümerin in Anspruch, da von dieser in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin und als Inhaberin einer Nutzungsgenehmigung die Feststellung des brandschutzrechtlichen Mangels und dessen Beseitigung am sichersten gewährleistet werden konnte. Der Bauaufsichtsbehörde stand dabei ein sogenanntes Auswahlermessen zu.

Zahlreiche Einwände der Eigentümerin gegen diese Störerauswahl hat das OVG unter Verweis auf die Effektivität der Gefahrenabwehr zurückgewiesen.

Praxishinweis:

Ein anderes Oberverwaltungsgericht (OVG Münster) hatte mit Urteil vom 11.12.1987 (Az.: 10 A 363/86) bereits Jahrzehnte zuvor zum Gefahrenbegriff im brandschutzrechtlichen Kontext einmal ausgeführt wie folgt:

„Es entspricht der Lebenserfahrung, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausbricht, beweist nicht, dass keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss“.

Deshalb ziehen Verstöße gegen brandschutzrechtliche Anforderungen in aller Regel sehr schnell behördliche Sofortmaßnahmen nach sich. Die Anforderungen sind bewusst niedrig angesetzt, um einem Brandereignis mit effektiver Gefahrenabwehr schnell und zuverlässig zu entgegnen.

Der Grund, weshalb bei brandschutzrechtlichen Mängeln schnelles behördliches Handeln angezeigt ist und welche Überlegungen dahinterstehen, ist folgender:

Die Zeitfenster, in denen effektive Rettungsmaßnahmen in einem Brandfall vorgenommen werden können, sind zeitlich dramatisch kurz. Deshalb müssen die Anforderungen an den Brandschutz sehr hoch und die Anforderungen an die Eingriffsbefugnis der Behörde besonders niedrig angesetzt werden. In diesem kurzen Zeitfenster ist maximale Effektivität der Rettungsmaßnahmen zu gewährleisten.

Die Tatsache, dass nur wenig Zeit für Rettungsmaßnahmen bleibt, wird durch den folgenden dynamischen Verlauf eines Brandes verdeutlicht:

Phase 1: Zündphase (Minute 1 bis 4)

Ein Stoff wird so erwärmt, dass er durch Erreichen seiner Zündtemperatur in Brand gesetzt wird.

Phase 2: Entstehungsbrand (Minute 4 bis 9)

Einsetzen eines Initial- oder Schwelbrandes, dessen Folge eine unvollständige Verbrennung durch Sauerstoffmangel zur Folge hat. In dieser Phase wird am meisten Kohlenstoffmonoxid freigesetzt und es entstehen pyrolyse (brennbare) Gase – in Kombination eine brandgefährliche Atmosphäre. Die entstandenen Gase sind für den Menschen lebensbedrohlich und führen bereits nach wenigen Atemzügen zur Bewusstlosigkeit.

Phase 3: „Flash-Over“ (Minute 9 bis 10)

Schlagartige und explosionsartige Brandausbreitung mit extremen Temperaturanstiegen über einen gesamten Bereich.

Phase 4: Vollbrandphase (ab Minute 10)

Schon bereits nach 10 Minuten steht ein gesamter Bereich in Brand und klingt erst ab, wenn entweder nicht mehr ausreichend Sauerstoff oder kein Brennstoff mehr vorhanden ist.

Den Wenigsten ist bewusst, dass eine effektive Selbstrettung nur in den Phasen 1 und 2 möglich ist. Danach ist in den meisten Fällen nur noch eine Fremdrettung möglich.

Deshalb führt jede brandschutzrechtliche Maßnahme, die nicht ihre bestimmungsgemäße Funktion erfüllt, unweigerlich zu einer Verkürzung der – ohnehin kurzen – Rettungszeit.

Diese Verkürzung muss durch den Verantwortlichen verhindert werden. Effektiver Brandschutz wird gewährleistet durch:

  • anlagentechnischen Brandschutz
  • baulichen Brandschutz
  • organisatorischen Brandschutz

Anlagentechnischer Brandschutz umfasst dabei alle Bereiche der Brandschutztechnik (Früherkennung, Alarm, Rauchmelder, Feuerlöscher, Sprinkleranlagen).

Baulicher Brandschutz erfordert Maßnahmen hinsichtlich der brandschutzsicheren Errichtung und Instandhaltung von Anlagen (Reduzierung der Ausbreitung eines Brandes auf ein Minimum durch Verwendung von nicht leicht entflammbaren Baustoffen, Trennung von Rauch- und Brandabschnitten, Unterteilung von Geschossen und Räumen, Rettung- und Fluchtwege).

Organisatorischer Brandschutz umfasst solche Maßnahmen, die im wesentlichen Personalbezug haben (Unterweisungen, Gefährdungsbeurteilungen, Erstellung von Flucht- und Rettungsplänen, Erste-Hilfe-Schulungen).

Die vorgenannten Maßnahmen lassen sich unter dem Begriff „vorbeugender Brandschutz“ zusammenfassen und bieten in ihrem Zusammenspiel ein hohes Maß an Effektivität.

Verantwortliche sollen daher das Thema Brandschutz zu einem integralen Bestandteil ihrer jeweiligen Organisationsstruktur machen und dessen Funktionsfähigkeit im Hinblick auf einen bevorstehenden Brandfall dauerhaft sicherstellen.

Dies dient nicht nur dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter, sondern schützt auch den für den Brandschutz Verantwortlichen vor behördlichen Maßnahmen.

Im Übrigen bleibt dem Leser zu wünschen, dass der Glücksfall, dass ein Brand bislang ausgeblieben ist, nie ein Ende findet.

 


Rechtsanwalt David Malkmus

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