Gemeinden müssen bis 31.12.2024 tätig werden, sonst droht die Rückzahlungspflicht für Vorauszahlungen auf Straßenausbaubeiträge!
Bekanntlich sind die Straßenausbaubeiträge (auch) in Bayern abgeschafft. Nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ befasst man sich mit diesem Thema dann auch nicht mehr. Dies kann mit Blick auf die Übergangsvorschriften des Art. 19 Abs. 8 KAG ärgerliche Folgen haben, und zwar sowohl für die Gemeinden als auch für die betroffenen Bürger:
Hat eine Gemeinde bis zum 31.12.2017 Vorauszahlungen erhoben, den endgültigen Beitrag aber noch nicht festgesetzt, so kann die Gemeinde diese Vorauszahlungen erst einmal behalten und für die jeweilige Straßenbaumaßnahme einsetzen. Hier ist jedoch mit Entstehung der Vorteilslage – also mit endgültiger technischer Fertigstellung nach dem zugrunde liegenden Bauprogramm und dem technischen Ausbauprogramm – eine fiktive Abrechnung des endgültigen Beitrags vorzunehmen. Übersteigt die Vorauszahlung den fiktiven Beitrag nicht, so kann die Gemeinde die Vorauszahlung endgültig behalten. Liegt der fiktive Beitrag unter der geleisteten Vorauszahlung, so ist die Differenz von der Gemeinde auf Antrag hin zu erstatten (Art. 19 Abs. 8 S. 3 KAG).
Diese Rechtsfolge tritt aber nur dann ein, wenn bis spätestens 31.12.2024 die Vorteilslage eingetreten ist und die Gemeinde die fiktive Abrechnung vorgenommen hat!
Versäumt die Gemeinde diese Frist, so sind die Vorauszahlungen nach Art. 19 Abs. 8 S. 1 KAG auf Antrag hin vollständig zurückzuerstatten! In diesem Fall scheidet auch eine Erstattung durch den Freistaat Bayern nach Art. 19 Abs. 9 KAG aus.
Der Antrag kann bis 31.12.2025 jederzeit gestellt werden (Art. 19 Abs. 8 S. 4 KAG), wobei aus taktischen Gründen mit einer Antragstellung meist nicht vor 01.01.2025 zu rechnen sein wird. Die Beitragsbescheide sind ab 01.01.2025 aufzuheben, die Rückerstattung erfolgt frühestens ab 01.05.2025.
Was genau die Gemeinde bis 31.12.2024 erledigt haben muss, um die Vorauszahlungen (zumindest teilweise) behalten zu können, ist leider nicht ganz eindeutig bestimmt und wird im Zweifel nach Ablauf der Frist gerichtlich geklärt werden müssen.
Ist das Bauprogramm noch nicht (vollständig) umgesetzt, sollte versucht werden, die technische Fertigstellung innerhalb der Frist zu realisieren. Ist bereits absehbar, dass dies nicht möglich ist, besteht auch die Möglichkeit, das Bauprogramm unter Aufgabe der ursprünglich weitergehenden Planung so zu reduzieren bzw. sonst abzuändern, dass es den aktuellen Gegebenheiten entspricht. So kann beispielsweise auf einzelne Teileinrichtungen verzichtet werden.
Problematischer ist hier die fiktive Abrechnung: Nach dem Wortlaut der Übergangsvorschrift muss die Gemeinde nur eine fiktive Abrechnung des endgültigen Beitrags vornehmen. Hier wird weder eine „Gegenrechnung“ der Vorauszahlung noch eine Information der betroffenen Bürger verlangt. Die eine oder andere Gemeinde mag versucht sein, die Erstellung der fiktiven Abrechnung möglichst nicht publik zu machen, um zu vermeiden, dass Anträge auf Rückerstattung möglicher Differenzbeträge gestellt werden. Aufgrund der dargestellten Risiken, aber auch im Sinne einer größtmöglichen Transparenz, Bürgernähe und Abgabengerechtigkeit, ist daher dringend zu empfehlen, die Bürger insgesamt oder zumindest die betroffenen Bürger über die fiktive Abrechnung zu informieren. Ob die jeweiligen Abrechnungen an die Betroffenen übermittelt oder die Bürger insgesamt über die bloße Existenz der fiktiven Abrechnung informiert werden, sollte insoweit nicht ausschlaggebend sein.
Sollten Betroffene nicht bis 31.12.2024 informiert worden sein, empfiehlt sich im neuen Jahr eine Nachfrage bei der Gemeinde. Sinnvollerweise sollte in diesem Zusammenhang auch gleich ein Antrag auf Rückzahlung gestellt werden. Weitere Informationen ergeben sich aus den Erläuterungen des IMS (Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration) vom 10.12.2018 zum Vollzug des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 26.06.2018 (https://www.stmi.bayern.de/assets/stmi/kub/vollzug_kommunalabgabengesetz.pdf).
Gerne beraten wir Sie bei Fragen näher zu diesem Thema.
Rechtsanwältin Kathrin Schilling
Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
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