Die Preise für viele Baustoffe sind seit und durch den Krieg in der Ukraine massiv gestiegen. Für die Beteiligten an der Leistungskette „Bau“ stellt sich daher betriebswirtschaftlich zwingend die Frage, ob und in welcher Form diese gestiegenen Preise an die Vertragspartner weitergegeben werden können.

Bei dieser Bewertung verbietet sich allerdings aus rechtlicher Sicht eine pauschale Betrachtung. Vielmehr muss jeder Vertrag individuell betrachtet werden.

Ausgangspunkt jeder Betrachtung ist der eiserne Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Grundsatz der Vertragstreue). Auftraggeber und Auftragnehmer, Besteller und Lieferant haben sich – bei bereits bestehenden Verträgen – auf einen bestimmten Preis geeinigt. Von diesen Preisen kann sich eine Seite nicht ohne weiteres lösen. Diese Regelung findet sich für den Bauvertrag beispielsweise in der VOB/B unter § 2 Abs. 1 und Abs. 2. Auftragnehmer und Lieferanten haben mit Abschluss des Vertrages das Beschaffungs- und Preisrisiko übernommen. Dies umfasst insbesondere den Preis, zu welchem das benötigte Material beschafft werden kann.

Soweit ersichtlich, hat sich in juristischen Publikationen allerdings durchweg die Auffassung manifestiert, dass die gegenwärtige Situation der Reichweite der vertraglich übernommenen Risiken Grenzen setzt. Nachstehend erläutern wir, wie die Vertragsparteien die bestehenden Risiken für zukünftige Verträge eingrenzen und  bei bereits abgeschlossenen Verträgen interessengerecht verteilen können.

 

1. Stoffpreisgleitklausel

Bei der gegenwärtigen Risikolage ist eine vertragliche „Stoffpreisgleitklausel“ hilfreich und sinnvoll. Danach können die vereinbarten Preise angepasst werden, wenn bestimmte Voraussetzungen, z.B. die Schwankung der Einkaufspreise um einen bestimmten Prozentsatz, vorliegen.

Für öffentliche Aufträge der Bundesrepublik Deutschland wurde mit Erlass vom 25. März 2022 angeordnet, dass für bestimmte Produktgruppen, in Abweichung der Regelung Nr. 2.3 der Richtlinie zum Formblatt 225 VHB Bund auch für Betriebsstoffe, Stoffpreisgleitklauseln vereinbart werden sollen.

Sofern eine solche Preisgleitklausel eine Anpassung des Preises in beide Richtungen eröffnet, dürfte sie auch aus AGB-rechtlicher Sicht wirksam sein.

 

2. Störung der Geschäftsgrundlage

Bei vor dem russischen Angriff auf die Ukraine abgeschlossene Verträge kommt eine Anpassung der vertraglich vereinbarten und fixierten Preise nur gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht.

Danach kann eine Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Vertragsteil – auf Grund nachträglich schwerwiegend geänderter Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind – ein Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB).

Durch den Krieg in der Ukraine haben sich die Preise in Europa und der Welt für bestimmte Produkte massiv erhöht. Sofern der Vertrag vor Kriegsbeginn bereits geschlossen war, haben sich also die Umstände durchaus schwerwiegend geändert. Hierüber besteht in bisher verbreiteten baurechtlichen Publikationen Einigkeit. Der Weg zur Prüfung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB ist grundsätzlich eröffnet. Damit ist allerdings ein Anspruch auf Vertragsanpassung noch längst nicht gegeben. Es sind weitere Hürden zu überwinden.

So muss für jedes Vertragsverhältnis die Frage beantwortet werden, ob sich tatsächlich Umstände geändert haben, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind.

„Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut.“

(BGH, Urteil vom 10. 9. 2009 – VII ZR 82/08 (KG))

Die Anforderungen an eine Anpassung des Vertrages gemäß § 313 BGB sind – auf Grund der obigen Grundsätze – extrem hoch angesiedelt. Es ist nach Ansicht des BGH grundsätzlich Sache des Unternehmers, wie er den Preis eines Bauvorhabens kalkuliert (BGH, a.a.O.)

Nach der Rechtsprechung des BGH wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH NJW 2012, 1718 Rn. 26 mwN)

(BGH, Urt. v. 12.1.2022 – XII ZR 8/21)

Sofern bei Verträgen Auftragnehmer bei den Einheitspreisen auf die jeweiligen Einkaufspreise für die entsprechenden Materialien verwiesen haben, dürfte dies zu bejahen sein. Die Parteien hätten in diesen Fällen die Einkaufspreise für beide Seiten ersichtlich zur Grundlage ihrer Einheitspreise gemacht. Eine derartige Konstellation dürfte jedoch in aller Regel nicht gegeben sein.

Gegebenenfalls wären die ursprünglichen Materialpreise allerdings auch durch eine hinterlegte Urkalkulation Vertragsgrundlage geworden. Das Problem dürfte hierbei sein, dass Auftragnehmer bei einer Urkalkulation häufig nicht die einzelnen Stoffkosten hinterlegen.

Der BGH hat in Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hinsichtlich einer Anpassung der Miete klargestellt, dass Parteien eines Vertrages grundsätzlich die Erwartung haben, dass „die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde.

(BGH, Urt. v. 12.1.2022 – XII ZR 8/21, Hervh.d.d.Verf.)

Diese sog. „große Geschäftsgrundlage“ ist durch den Krieg in der Ukraine und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland und Belarus massiv gestört.

Zwar gilt auch insoweit, dass für eine Anpassung kein Raum besteht, soweit es um Umstände geht, die ausschließlich in den Risikobereich einer Partei fallen. „Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen“ (BGH, Urt. v. 12.1.2022 – XII ZR 8/21).

Während z. B. der Mieter grundsätzlich das Risiko trägt, ob und in welcher Höhe er mit seinem Geschäft Umsatz erzielen kann, trägt der Auftragnehmer grundsätzlich das Preisrisiko bei der Besorgung der Materialien.

Allerdings hat auch hier der Auftragnehmer nicht das alleinige Risiko eines Krieges und der damit einhergehenden Sanktionen und Folgen übernommen. Weiterhin kann mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Vertrag bei Kenntnis eines Kriegsausbruchs und den entsprechenden Sanktionen gegen Russland und Belarus mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten. Diese Ansicht teilt auch das Bundesministerium für Bauwesen in seinem o. g. Erlass vom 25.03.2022

Weitere Voraussetzung einer Anpassung des Vertrages gemäß § 313 BGB ist allerdings auch, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden kann.

„Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 III BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senat NZM 2015, 227 Rn. 19 mwN; BGH NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN).“

(BGH, Urt. v. 12.1.2022 – XII ZR 8/21)

Wie bereits dargestellt, trägt der Auftragnehmer grundsätzlich das Kalkulationsrisiko. Entsteht nun durch die geänderten Umstände lediglich ein geringerer Gewinn und kommt es so zu einer enttäuschten Gewinnerwartung, ist dies grundsätzlich Sache des Auftragnehmers. Lassen sich die enttäuschte Gewinnerwartung jedoch auf den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen zurückführen, beruht dies nicht auf unternehmerischen Entscheidungen. Sie ist vielmehr die Folge eines nicht zu erwartenden und nicht kalkulierten Krieges und den damit einhergehenden umfangreichen staatlichen Sanktionen. Für diese staatlichen Sanktionen kann keine Vertragspartei verantwortlich gemacht werden. Das Risiko eines Krieges kann letztendlich keiner der Vertragsparteien alleine zugewiesen werden.

Allerdings obliegt es dem sich auf § 313 Abs. 1 BGB berufenden Auftragnehmer bzw. Lieferanten nachzuweisen, dass ihm ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zuzumuten ist. Der Auftragnehmer muss daher für ein Anpassung der Vertragspreise seine gesamte Kalkulation offenlegen. Der Lieferant muss offenlegen, aufgrund welcher konkreten Umstände seine Beschaffung durch den Krieg und seine Folgen betroffen ist und welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen vorliegen.

Obwohl nur eine Anpassung der Einheitspreise möglich ist, die von den Materialpreissteigerungen betroffen sind, müsste die Kalkulation des gesamten Auftrages samt der ursprünglich kalkulierten Einkaufspreise, Kostenstruktur und Gewinnerwartung offen gelegt werden. Denn ein Festhalten am Vertrag wäre z. B. dann weiterhin zumutbar, wenn mögliche Verluste bei einzelnen Positionen durch Gewinne bei anderen Positionen ausgeglichen werden würden.

Ob es für den Auftragnehmer tatsächlich unzumutbar i.S.d. § 313 BGB ist, an dem Vertrag festzuhalten, ist eine absolute Einzelfallentscheidung. Nach dem Gesetzeswortlaut ist Bezugsgröße die Gesamtauftragssumme. Ob das Festhalten am Vertrag noch zumutbar ist, bemisst sich daher am Verhältnis der wirtschaftlichen Auswirkung zum kompletten Werklohn des Auftrags bzw. zum Gesamtkaufpreis beim Liefervertrag.

Feste Grenzwerte können hier nicht gezogen werden. Teilweise wird in fachlichen Veröffentlichungen eine Parallele zu § 2 Abs. 7 VOB/B gezogen. Dort wird bei einer Anpassung eines Pauschalvertrages ebenfalls auf § 313 BGB verwiesen. Die Rechtsprechung hat in einzelnen Entscheidungen eine Anpassungsmöglichkeit bei Preisänderungen zwischen 10 bis 30 % erkannt. Die Spanne ist daher äußerst groß.

Fraglich ist allerdings, ob diese Betrachtungsweise auf der Grundlage der  Rechtsprechung zu § 2 Abs. 7 VOB/B für die gegenwärtige Situation als Maßstab gelten kann. Die insoweit bekannten gerichtlichen Entscheidungen beziehen sich nämlich durchweg auf den Wegfall der sogenannten „kleinen Geschäftsgrundlage“, also auf Sachverhalte, bei denen nur im Rahmen eines einzigen Vertragsverhältnisses die Geschäftsgrundlage infrage gestellt worden ist. In der gegenwärtigen Situation betreffen die Auswirkungen allerdings zahlreiche Vertragsverhältnisse einzelner Unternehmen und darüber hinaus die Vertragsverhältnisse in der Leistungskette „Bau“. Es steht daher der Wegfall der sogenannten „großen Geschäftsgrundlage“ im Raum, weshalb die Bezugsgröße „Gesamtauftragssumme“ bzw. „Gesamtkaufpreis“ relativiert werden muss. Es ist nämlich etwas grundsätzlich Anderes, ob von zahlreichen Bau- bzw. Lieferverträgen einer durch den Wegfall der „kleinen Geschäftsgrundlage“ in wirtschaftliche Schieflage gerät oder ob durch den Wegfall der „großen Geschäftsgrundlage“ alle Bau- und Lieferverträge in wirtschaftliche Schieflage geraten. Dies kann Anlass dazu geben, den Grenzwert für die Zumutbarkeit deutlich niedriger anzusetzen, was allerdings gleichzeitig auf der anderen Seite den Besteller der Werkleistung bzw. Lieferung seinerseits wirtschaftlich stark betrifft. Da das Gesetz im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung die Gewichtung der beiderseitigen Interessen fordert, ist ein Ausgleich zwischen beiden Vertragspartnern zu finden.

Führt dies nicht zu einem für beide Seiten zumutbaren Ergebnis, sieht das Gesetz die Möglichkeit zum Rücktritt vom Vertrag bzw. bei Dauerschuldverhältnissen zur Vertragskündigung vor. Für diesen Fall ist eine weitere rechtliche Komplikation eröffnet: Der Rücktritt vom Vertrag sieht als Rechtsfolge die Rückabwicklung der bereits erbrachten Leistungen vor, was bei Geldzahlungen einfach, bei bereits erbrachten Bauleistungen allerdings in der Regel nicht möglich ist. Ob Bauverträge, jedenfalls für größere Bauvorhaben, als Dauerschuldverhältnisse einzuordnen sind, ist eine ebenso offene Rechtsfrage. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Kooperationspflicht zwar auf die Begründung gestützt, die erhöhte Kommunikationspflicht zwischen Bauvertragspartnern beruhe besonders darauf, dass die Vertragsbindung längerfristig ist. Ob der Bundesgerichtshof allerdings im Rahmen einer Rechtsprechung über den Wegfall der Geschäftsgrundlage Bauvertragsverhältnisse als Dauerschuldverhältnisse einordnet, ist offen.

Resümee:

Aufgrund zahlreicher ungeklärter Rechtsprobleme im Zusammenhang mit dem kriegsbedingten Wegfall der „großen Geschäftsgrundlage“ würde eine streitige Auseinandersetzung von Vertragspartnern über die Vertragsanpassung erhebliche Risiken beinhalten, weshalb es dringend zu empfehlen ist, sich im Verhandlungswege um einvernehmliche Lösungen zu bemühen.

 

3. Mehrmengen / Nachträge

Bei einer Überschreitung der vereinbarten Mengen um mehr als 10 % ist für diese Mengen ebenfalls eine Anpassung der Preise vorzunehmen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B).

In diesem Fall ist unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten ein neuer Preis zu vereinbaren. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH richtet sich in diesen Fällen der Mehrpreis nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn (BGH, Urteil vom 8.8.2019 – VII ZR 34/18).

Dies dürfte für Auftragnehmer bei den gestiegenen Preisen und somit deutlich gestiegenen tatsächlichen Kosten einen erheblichen Vorteil bieten. Die vom BGH in seinen Entscheidungen zitierte Redlichkeit und der Wunsch nach bestmöglichem Ausgleich der wechselseitigen Interessen durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen kommt dem Auftragnehmer in diesen Zeiten zu Gute.

Dies soll nach der allerdings vom Bundesgerichtshof noch nicht bestätigten Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte auch bei Nachträgen gelten (KG ZfBR 2018, 670; OLG Brandenburg NZBau 2020, 639; KG NJW 2020, 343; OLG Düsseldorf NZBau 2020, 509; OLG Köln ZfBR 2021, 415).

Es stellt daher einen legitimen Ansatz dar, auch bei Nachträgen auf Basis der tatsächlichen Kosten die massiv gestiegenen Materialpreise aufzunehmen und dem Auftraggeber in Rechnung zu stellen. Für diese nachträglichen Leistungen konnten und wollten der Auftragnehmer ein potentielles Kriegsrisiko ohnehin nicht einseitig übernehmen.

 

4. Vom Auftraggeber zu verantwortende Bauzeitverlängerung

 Verlängert sich die Bauzeit aus vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen, kann dies Anlass dazu sein, höhere Beschaffungskosten geltend zu machen, wenn beispielsweise durch die Bauzeitverzögerung eine Preisbindung des Bauunternehmens im Rechtsverhältnis zum Baustofflieferanten abgelaufen ist und dementsprechend ab einem bestimmten Zeitpunkt Baustoffe teurer eingekauft werden müssen. Hierfür sind die üblichen Maßnahmen, wie beispielsweise die Übermittlung vertragsgerechter Behinderungsanzeigen an den Auftraggeber, durchzuführen.

 

5.  Erlass Bundesamt für Bauwesen

Das Bundesamt für Bauwesen (BMWSB) hat am 25.03.2022 auf die Preissteigerungen mit einem Erlass für Verträge mit staatlichen öffentlichen Auftraggebern reagiert. Der Erlass gilt befristet bis zum 30.06.2022.

Danach sind – wie oben bereits erwähnt – bei laufenden Vergabeverfahren Stoffpreisgleitklauseln nachträglich einzubeziehen.

Auch bei bereits geschlossenen Verträgen soll in bestimmten Fällen eine nachträgliche Einbeziehung einer Stoffpreisgleitklausel in Betracht kommen. Dies soll allerdings nur dann in Betracht kommen, wenn bislang weniger als die Hälfte des Auftragsvolumens erbracht worden ist. Weiterhin soll eine nachträgliche Stoffpreisgleitklausel nur für noch nicht erbrachte Leistungen gelten.

In Ausnahmefällen kommt gemäß dem Erlass auch eine Anpassung des Vertrages gemäß § 313 BGB in Betracht. Das Bundesministerium geht davon aus, dass die Parteien bei Kenntnis des Krieges den Vertrag nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten. Bei Preissteigerungen von ca. 15 bis 29 % könnte nach Ansicht des Bundesministeriums die Unzumutbarkeit am Festhalten des Vertrages vorliegen.

Dabei soll aber nicht auf die einzelne Position, sondern eine Gesamtbetrachtung des Vertrages (siehe oben) geblickt werden. Je geringer der Anteil einer von der Preissteigerung betroffenen Position am Gesamtauftrag ist, desto höher wird die Preissteigerung ausfallen müssen, um eine Anpassung des Vertrages verlangen zu können.

Das BMWSB geht allerdings davon aus, dass eine Übernahme von mehr als der Hälfte der Mehrkosten von den (staatlichen) Auftraggebern nicht zugestimmt werden muss. Eine belastbare rechtliche Grundlage hierfür benennt das Ministerium allerdings nicht. Außerdem sollen Zuschläge für BGK, AGK, Wagnis und Gewinn bei der Preisanpassung nicht berücksichtigt werden. Dies dürfte zwar für die „normalen“ Massen richtig sein. Bei Nachträgen und Mengenmehrungen über 10% wäre dies jedoch, wie oben dargestellt, anders zu beurteilen.

 


Rechtsanwalt Patrick Schmitz

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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