Bauen soll einfacher und billiger werden. Nachdem auf Landesebene bereits verschiedene Änderungen zum 01.01.2025 in Kraft getreten sind, zieht der Bund nun – mit etwas Verzögerung – nach. Der Bundesrat hat am 17.10.2025 dem bereits seit 2021 geplanten Gesetzespaket zur Beschleunigung des Wohnungsbaus zugestimmt. Die Neuregelungen sollen nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt noch im Herbst 2025 in Kraft treten.

  1. Bau-Turbo: § 246e BauGB

Im Mittelpunkt steht der neue, auch als „Experimentierklausel“ bezeichnete § 246e BauGB, der befristet (einstweilen bis 31.12.2030) die Möglichkeit des Abweichens von bauplanungsrechtlichen Vorschriften gleichsam einer Allzweckwaffe bietet:

Hiernach können bestimmte Wohnbauvorhaben (Bau, Erweiterung oder Umnutzung von Wohngebäuden) mit Zustimmung der Gemeinde unter „Umgehung“ der bauplanungsrechtlichen Vorschriften zugelassen werden (also insbesondere ohne die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans). Entscheidet die Gemeinde nicht innerhalb von 3 Monaten über die Zustimmung, gilt diese als erteilt (Genehmigungsfiktion!), wobei anderweitige Beteiligungen (z.B. Umwelt- oder Denkmalschutzrecht) die Frist hemmen können. Abweichend von den ursprünglichen Vorgaben soll die Sondervorschrift nun nicht mehr nur für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt (bestimmt durch Rechtsverordnung nach § 201a BauGB) gelten.

Voraussetzung ist, dass die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Interessen vereinbar sein muss.

Die Formulierung des § 246e Abs. 1 S. 2 BauGB trägt insbesondere dem Umstand Rechnung, dass gerade mit der Inanspruchnahme von Außenbereichsflächen erhebliche Umweltauswirkungen einhergehen können. In seiner Entscheidung zu § 13b BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass einer Außenbereichsfläche die ökologische Wertigkeit nicht ohne eine Einzelfallprüfung abgesprochen werden darf. Auch wenn diese Entscheidung nicht direkt anwendbar ist, sollen die Anwendungsvoraussetzungen des § 246e BauGB bei Vorhaben im Außenbereich an diejenige von Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen angeglichen werden, um Wertungswidersprüche zu vermeiden: Erforderlich ist demnach zumindest eine überschlägige Prüfung der (nur durch das zuzulassende Vorhaben) zu erwartenden Umweltauswirkungen. Zugleich soll der Anwendungsbereich des Bau-Turbos mit der Änderung des Satzes 2 erweitert werden: Eine Anwendung der Sondervorschrift soll auch dann ermöglicht werden, wenn mit einer Abweichung erhebliche Umweltauswirkungen einhergehen; in diesem Fall bedarf dann aber der Durchführung einer strategischen Umweltprüfung im Zulassungsverfahren.

Eine Einschränkung der Sondervorschrift ergibt sich nach § 246e Abs. 3 BauGB für Bauvorhaben im Außenbereich. Auch solche können zwar zugelassen werden, sich aber nur für solche Vorhaben, die „im räumlichen Zusammenhang“ zu einem in Zusammenhang bebauten Ortsteil oder einer beplanten Fläche stehen. Es muss also immer um die Erweiterung einer bestehenden Siedlung gehen. Allerdings wird hier kein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang gefordert, wie dies in § 246 Abs. 9 BauGB der Fall ist. Damit soll – so die Begründung – deutlich werden, dass nicht nur solche Vorhaben erfasst werden, die sich nahtlos an Gebiete nach § 30 oder § 34 BauGB anschließen, sondern beispielsweise auch solche, die sich trotz eines gewissen Abstands noch als organische Fortentwicklung des Siedlungsbereichs darstellen und von dessen Erschließungsanlagen sowie infrastruktureller Anbindung, einschließlich der sozialen Infrastruktur, profitieren können. Ob der räumliche Zusammenhang besteht, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Ab einer Entfernung von mehr als 100 Metern vom bestehenden Siedlungsbereich wird man aber in jedem Fall nicht mehr vom Vorliegen eines räumlichen Zusammenhangs ausgehen können.

246e Abs. 3 S. 2 BauGB stellt klar, dass § 18 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 BNatSchG anzuwenden ist. Für Vorhaben im Außenbereich bedeutet dies, dass die Vorschriften zur Eingriffsregelung (§§ 14 bis 17 BNatSchG) zu beachten sind und dass nach § 18 Abs. 3 S. 1 die Zulassungsentscheidung im Benehmen mit der Naturschutzbehörde ergehen muss. Für Innenbereichsvorhaben bedeutet dies, dass die Eingriffsregelung keine Anwendung findet (§ 18 Abs. 2 S. 1 BNatSchG) und dass die Zulassungsbehörde hinsichtlich des erforderlichen Benehmens mit der Naturschutzbehörde nach Ablauf der Äußerungsfrist davon ausgehen kann, dass Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege von dem Vorhaben nicht berührt werden.

  1. Befreiungen von Festsetzungen eines Bebauungsplans

Auch unabhängig von der Sondervorschrift des § 246e BauGB soll es Erleichterungen geben:

Die Anpassung von § 31 Abs. 3 BauGB soll – künftig nicht mehr nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt – Befreiungen von Festsetzungen eines Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus erleichtern. Insbesondere soll die Erweiterung von Gebäuden (v.a. Aufstockungen) auch quartiersweise oder stadtweit möglich sein, ohne dass der Bebauungsplan geändert werden muss. Auch diese Möglichkeit soll ausdrücklich von der Zustimmung der Gemeinde abhängen.

  1. Erleichterungen im unbeplanten Innenbereich

Die entsprechende Möglichkeit von Befreiungen gilt durch geänderten Verweis in § 34 Abs. 2 BauGB auch für den unbeplanten Innenbereich.

Darüber hinaus soll § 34 Abs. 3a BauGB durch Verzicht auf das Einfügenserfordernis künftig im unbeplanten Innenbereich eine vereinfachte Aufstockung mit Wohnraum (auch bei anders genutzten Gebäuden) und Nachverdichtung (beispielsweise bei Hinterliegergrundstücken) ermöglichen. Diese (bereits heute bestehende und nun erweiterte) Ausnahmevorschrift soll wiederum grundsätzlich und nicht nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten.

Neu eingefügt werden soll § 34 Abs. 3b BauGB, nach dem für Wohnbauvorhaben mit Zustimmung der Gemeinde vom Einfügenserfordernis abgewichen werden kann, wenn die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Interessen vereinbar ist.

  1. Erleichterungen hinsichtlich Lärmschutzvorgaben in Bebauungsplänen

Gleichzeitig sind im geänderten § 9 Abs. 1 Nr. 23 a) BauGB vereinfachte Abweichungen von den Lärmschutzvorgaben der TA Lärm in Bebauungsplänen vorgesehen, um Wohnungsbau in gemischten Gebieten (insbesondere im innerstädtischen Bereich) zu erleichtern.

Schließlich wird der Umwandlungsschutz von Miet- in Eigentumswohnungen nach § 250 BauGB um 5 Jahre verlängert, um Mieter vor Verdrängung in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu schützen.

  1. Ausblick

Es bleibt abzuwarten, ob der Bau-Turbo hält, was die Politik verspricht. Die Erwartungen gehen jedenfalls deutlich auseinander.

So oder so wird die Bereitschaft der jeweiligen Kommune Grundvoraussetzung für die erhofften Effekte der Novelle sein. Dies wäre nicht der erste „Wurf“ des Gesetzgebers, der von den Kommunen schlicht nicht umgesetzt wurde und letztlich in die Bedeutungslosigkeit versank.

 


Rechtsanwältin Kathrin Schilling

Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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